mabuco ...bloggt - 04/2020

Die Agilität auf dem Prüfstand

29. April 2020 | Marcel Maag

Was wurde zum Thema Agilität nicht schon alles geschrieben, diskutiert, bewiesen oder widerlegt?

Hier die Verfechter, die mit einem Set von Methoden, Prinzipien und Regeln den Gefahren einer disruptiven und komplexen Welt begegnen wollen...

Und dort die Kritiker, die das Ganze hinterfragen, Agilität als alten Wein in neuen Schläuchen oder gar als realitätsferne Praxis bezeichnen.

In Krisen brauche es kurzfristig angesetzte Task Forces mit weitgehenden Entscheidungskompetenzen für die Leitung – so der Tenor.

Nun – wenn es die eine grosse Disruption benötigt hat, um den Wert und die Aussagen von Agilität zu testen, dann ist mit der Corona-Krise der use case eingetreten, der alle Vorstellungen sprengt und in Sachen Komplexität neue Massstäbe setzt. Die Krise bestätigt zentrale agile Aussagen zum Umfeld, wonach die Welt durch vier Begriffe, bekannt als VUKA, gekennzeichnet ist:

  • Volatilität
  • Unsicherheit
  • Komplexität
  • Ambivalenz

Urteilen Sie selbst, ob obige Aussagen in den letzten Monaten an Bedeutung gewonnen haben.

  • Die wichtigste Aussage betrifft den eigentlichen Unternehmenszweck mit den Kunden im Zentrum: wie schnell komme ich in einer Krise ins Handeln? Ist meine Organisation so aufgestellt, dass sie rasch reagieren kann? Sind wir auf abrupte Veränderungen vorbereitet? Ist die Organisation als Ganzes darauf vorbereitet, sich rasch anpassen zu können?
     
  • Welches Menschenbild haben Unternehmen von ihren Mitarbeitenden – basiert es auf Vertrauen oder auf Kontrolle? Ist Home-Office möglich oder führt dezentrales Arbeiten zu Wildwuchs? Der grossflächige Einsatz von Home-Office hat innert Wochenfrist gezeigt, dass auch unter erschwerten Bedingungen Lösungen möglich sind und dass effizient gearbeitet wird. Idealerweise stimmen dabei Verantwortung und Kompetenzen von Rollen und Teams überein. Mitarbeitende agieren als eigenverantwortlich handelnde Experten.
     
  • Welche Rolle übernimmt die Führung – geht es um Management oder um Leadership? Nach agilem Verständnis besteht Führung in der grösstmöglichen Unterstützung operativer Teams. Wie schaffen wir optimale Rahmenbedingungen, damit die Teams eine hohe Performance erreichen? Welche Erfahrungen machen andererseits die Mitarbeitenden mit ihren Vorgesetzten – sind sie erreichbar, fördern sie selbstverantwortliche Entscheide und eine Fehler- und Lernkultur?

Gerade die physische Distanz offenbart die Qualitäten einer Führungsperson und zeigt auf, welche Werte von Leitbildern und Visionen wirklich gelebt werden. Die Mitarbeiterin oder den Mitarbeiter gibt es nicht, es gilt zu differenzieren, wer welche und wieviel Beachtung und Unterstützung benötigt.

In Zeiten von Distanzen zwischen Menschen und Teams ist die wichtigste Aufgabe der Führung, dafür zu sorgen, dass die Zusammenarbeit und Koordination in der Organisation optimal funktioniert. Die Führung leistet somit wertvolle Arbeit am System.

  • Zwei Dinge waren beobachtbar in den letzten Wochen: beim Aufbau der Kommunikationsinfrastruktur wird Einsatz und Wille sowie kreatives Mitdenken der Mitarbeitenden begrüsst. Dieses experimentelle, auch fehlerbehaftete und auf Lernen ausgerichtete Arbeiten ist voll und ganz im Sinne der Agilität. Kleine Schritte machen, testen, nutzen und laufend verbessern.

Andererseits sind alte Muster schnell wieder erkennbar: "es muss jetzt organisiert werden", Chefs leiten eine Task Force, die Aktivitäten müssen gebündelt werden, die Mitarbeitenden erwarten klare Vorgaben. Agilität macht jetzt Pause.

Es wäre schade, wenn solches Lernen und Handeln wieder vergessen gehen würde. Warum nicht etwas nutzen, das einfach ist, funktioniert und – dem Kunden wirklich nützt? Ein Rückfall würde bedeuten, dass die Agilität noch nicht in den Köpfen angekommen ist.

Die Schwere der Krise ist in ihrem Ausmass beispiellos und deshalb wird es keine Unternehmen geben, an denen die Krise spurlos vorbei geht.

Was dank der Krise und in der Krise möglich war, sollte nicht rückgängig gemacht werden, sondern als Chance für einen kontinuierlichen Veränderungsprozess genutzt werden. Dieser Prozess betrifft alle: Mitarbeitende und Führungsverantwortliche. 

Es ist also nicht die Agilität, die auf dem Prüfstand ist, sondern jedes einzelne Unternehmen. Wer weiterhin an eine VUKA-Welt glaubt, der sollte nicht die Agilität als Konzept kritisieren, sondern die eigene Haltung und Vorgehensweise hinterfragen. Erst wenn das Mindset in den Köpfen von allen ist und dafür gesorgt ist, dass es so bleibt, dann werden Unternehmen für die VUKA-Welt fit sein.

Wer wenig Zeit hat, soll diese wenigstens gut nutzen. Die Erfahrungen der letzten Wochen und die kommenden Herausforderungen sollten genutzt werden, um den eigenen Weg zu überdenken.

Das mabuco-Team unterstützt sie gerne dabei, Ihren eigenen agilen Weg zu gestalten.

Wir fühlen den Puls der Zeit, Sie auch?

Ihr mabuco Team