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Erfolgreiche Initialisierung einer Beschaffung
31. Oktober 2023 | Serge Liechti
Eine erfolgreiche Beschaffung fängt mit einer durchdachten Initiierungsphase an. Wir zeigen Ihnen, wie Sie in 7 Schritten die richtigen Grundlagen für eine Beschaffung legen.
Wir werden immer etwas hellhörig, wenn jemand um Unterstützung "in einem Beschaffungsprojekt" bittet. Meist bestehen dann schon konkrete Vorstellungen, welche Produkte oder Dienstleistungen eingekauft und wer der gewünschte Anbieter sein soll. Die Bitte um Unterstützung beinhaltet dann die Erwartungshaltung, dass diese Leistungen mit unserer Hilfe "korrekt" beschafft werden sollen.
Diese Herangehensweise halten wir aus mehreren Gründen für problematisch. Auf der einen Seite entspricht sie, insbesondere für Beschaffungen der öffentlichen Hand, nicht dem Gedanken der Gesetzgeber der geltenden Beschaffungsgesetze. Auf der anderen Seite vergibt sich die Bedarfsstelle die Chance auf gute Leistungen von kompetenten Anbietenden, die bisher nicht im Umfeld der Bedarfsstelle bekannt waren. Das trifft sowohl auf Beschaffungen der öffentlichen Hand wie auch auf Beschaffungen in der Privatwirtschaft zu.
Was ist das Projektziel?
Die erste Frage, ist die nach dem Projektziel. In der Regel ist die Beschaffung ein Teil eines grösseren Vorhabens, beispielsweise die Einführung einer neuen Lösung oder die Ablösung bestehender Komponenten oder Leistungen. Nehmen wir zwei Beispiele:
- Die Einführung einer Softwarelösung, um die Digitalisierung vorantreiben zu können
- Den Ersatz der bestehenden Arbeitsplatzgeräte (Notebooks)
Bei der Einführung der Softwarelösung ist der Kern des Vorhabens nicht die Softwarelösung an sich, sondern die Verbesserung der Prozesse mit Hilfe digitaler Hilfsmittel. Die Beschaffung ist hier nur ein Teil der Lösung. Der Fokus sollte vorwiegend auf den übrigen Teilen des Vorhabens liegen, beginnend mit der Erhebung, was konkret verbessert werden soll, dem Prozess bis zur Einführung der Lösung und der Begleitung der damit verbundenen Veränderungen. Bei der Ablösung der Arbeitsplatzgeräte liegt der Fokus stärker auf den zu beschaffenden Komponenten, aber auch hier ist mitzuberücksichtigen, dass die Geräte geliefert, installiert, verteilt und die abgelösten Geräte sinnvoll verwertet werden.
Was benötigen wir?
Die nächste Frage, auf die eine Antwort gefunden werden soll, ist die Frage "was benötigen wir überhaupt?". Die Frage klingt banal, die Antwort darauf ist aber oft vielschichtig. Häufig ist die Frage nach dem "was benötigen wir" nicht mit einem Produkt oder einer Lösung zu beantworten, sondern mit einem Zielbild und mit Vorstellungen, wo in diesem Zielbild die zu beschaffenden Leistungen einen Beitrag leisten sollen. In dieser Phase stehen nicht Details wie einzelne Funktionen im Vordergrund, sondern eine ganzheitliche Beschreibung des Zielbildes.
Welche Daten sollen bearbeitet werden?
Bei der Digitalisierung werden immer Daten ver- und bearbeitet. Es ist wichtig zu wissen, welche Daten im konkreten Vorhaben verarbeitet werden sollen, denn daraus ergeben sich Anforderungen an den Schutzbedarf und gegebenenfalls an die Datenhaltung und die Datenflüsse. Ebenso kann daraus das Mengengerüst abgeschätzt und Anforderungen an die benötigte Leistung abgeleitet werden.
Wer betreibt die Lösung?
Die nächste Frage ist jene nach dem Ort des Lösungsbetriebs, die insbesondere im Kontext von Softwarelösungen zu beantworten ist. Soll die Lösung in den eigenen Räumlichkeiten und auf eigenen Systemen ("on Premise") betrieben werden, soll der Betrieb durch die interne IT erfolgen, aber auf externen oder gemieteten Systemen (Hosting) oder wird eine komplette Auslagerung des Betriebs, z.B. in die Cloud, bevorzugt? Wird der Betriebsentscheid bewusst vor der eigentlichen Beschaffung gefällt, kann er bei der späteren Erhebung der Anforderungen entsprechend berücksichtigt werden und es wird bei der Bewertung der Angebote einfacher sein, diese miteinander zu vergleichen.
Bei der Beschaffung von Arbeitsplatzgeräten stellt sich die Frage nach der Aufgabenteilung zwischen der internen IT und dem Lieferanten. Aufgaben wie Auspacken, Staging und Verteilung bzw. Rückschub abgelöster Geräte können intern übernommen oder an den Lieferanten oder einen anderen Dienstleister ausgelagert werden. Wird dieser Entscheid bewusst früh gefällt, können die Anforderungen erhoben oder die interne Ressourcenplanung auf die anfallenden Aufgaben abgestimmt werden.
Was hat der Markt zu bieten?
Nach der Beantwortung der bereits beschriebenen Fragen empfehlen wir nun, zu prüfen, was der Markt diesbezüglich an Lösungen zu bieten hat. Das Ergebnis der Marktrecherche kann über das entworfene Zielbild gelegt werden. Das Resultat ist ein Hinweis, ob bereits ein breites Angebot besteht oder ob das skizzierte Zielbild eher individuell und spezifisch ist. Die gewonnene Erkenntnis beeinflusst massgeblich, welche Art Leistungen zu beschaffen sind.
Kaufen oder bauen?
Bei der Beschaffung von Softwarelösungen ist es für die spätere Umsetzung enorm wichtig zu wissen, ob eine Marktlösung eingeführt und auf die eigenen Bedürfnisse angepasst bzw. parametrisiert werden kann oder ob eine auf die individuellen Bedürfnisse zugeschnittene Lösung entwickelt werden muss. Dieser Entscheid soll bewusst vor der Beschaffung gefällt werden. Eine individuell erstellte Lösung verspricht einen sehr hohen Abdeckungsgrad der Anforderungen, ist aber als Entwicklungsprojekt komplex und anspruchsvoll und verlangt von den anbietenden Firmen entsprechende Erfahrung und Kompetenzen. Eine bereits am Markt etablierte Lösung erfüllt die Anforderungen weniger gut und verlangt nach Kompromissen, dafür reduziert sich die Komplexität des Umsetzungsprojekts. Nach dem Entscheid kann das Projekt und das Projektteam auf die Konsequenzen des Entscheids ausgerichtet werden.
Was darf es denn kosten?
Mit den bereits beantworteten Fragen und dem Ergebnis der Marktrecherche liegen Informationen vor, in welcher Höhe sich die Gesamtkosten für die Anschaffung und den Betrieb der Softwarelösung bzw. die Beschaffung und Bezugsdienstleistungen bei der Beschaffung von Hardwarekomponenten bewegen. Die erhobenen Kosten sind ein nützlicher Indikator für die Budgetierung des Gesamtprojekts. Im Rahmen des öffentlichen Beschaffungswesens kann auf Basis dieser Kostenschätzung festgelegt werden, welches Beschaffungsverfahren angewendet werden muss.
Grundlagen geschaffen
Wenn Sie die 7 Fragen dieses Beitrages sorgfältig abgearbeitet haben und die Ergebnisse vorliegen, haben Sie die Basis für die erfolgreiche Durchführung einer Beschaffung gelegt. In einem weiteren Artikel beschreiben wir, wie man diese Grundlage bei der Durchführung der Beschaffung einsetzen und verwenden kann.
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