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Aufgleisen einer erfolgreichen Beschaffung

27. Februar 2024 | Serge Liechti

Im vergangenen Blog haben wir aufgezeigt, dass vor dem Start der eigentlichen Beschaffung die folgenden 7 Grundsatzfragen zu klären sind:

Was ist das Projektziel? Welchen Nutzen wollen wir (die Bedarfsstelle) mit der zu beschaffenden
Softwarelösung oder den zu beschaffenden Gütern schaffen?
Was benötigen wir? Um den Nutzen aus dem Zielbild zu schaffen, benötigen wir welche Elemente?
Software? Hardware? Dienstleistungen? Von allem etwas?
Welche Daten sollen bearbeitet werden? Welche Daten bearbeiten wir und tauschen wir aus? Welche Anforderungen stellen gesetzliche Anforderungen und interne Regulatorien an die
Datenhaltung und die Datenflüsse?
Wer betreibt die Lösung? Welche Leistungen gedenken wir selbst zu erbringen und welche Leistungen kaufen wir mit ein?
Was hat der Markt zu bieten? Welche Anbietenden können Lösungen für unser Vorhaben bieten, was
können diese Lösungen und was kosten diese?
Kaufen oder bauen? Soll es eine massgeschneiderte Lösung sein, oder wollen wir von etablierten
Produkten profitieren?
Was darf es denn kosten? Welche Mittel müssen für die Projektumsetzung bereitgestellt werden und
welches Beschaffungsverfahren kann angewendet werden?

Mit den erarbeiteten Ergebnissen kann der Angebotsgegenstand (alle zu beschaffenden Güter und Dienstleistungen) bestimmt und das Design der Beschaffung erarbeitet und das Beschaffungsverfahren gestartet werden. In diesem Blog gehen wir der Einfachheit davon aus, dass die Bedarfsstelle gleichzeitig auch die Beschaffungsstelle ist.

Grundsätze des Beschaffungsverfahrens

Insbesondere für Bedarfsstellen, welche dem öffentlichen Beschaffungsrecht unterstehen, gilt es, den Auftrag an denjenigen Anbietenden zu vergeben, welcher das vorteilhafteste Angebot abgegeben hat. Dabei sind während des Beschaffungsverfahrens die folgenden Grundsätze zu berücksichtigen:

  • Wettbewerb ermöglichen
  • Gleichbehandlung der Anbietenden
  • Transparentes Verfahren durchführen
  • Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit berücksichtigen
  • Rechtssicherheit gewähren

Auch wenn keine gesetzliche Verpflichtung dazu besteht, ist es auch für Beschaffungen im privatwirtschaftlichen Umfeld empfehlenswert, die ersten vier Grundsätze zu berücksichtigen, um aus einer Beschaffung einen grösstmöglichen Nutzen ziehen zu können.
 

Beschaffungsdesign

Zuerst gilt es festzulegen, ob "alles aus einer Hand" bezogen werden soll, oder ob spezialisiertes Knowhow benötigt wird und sichergestellt werden soll, dass diejenigen potenziellen Anbietenden auf die Leistungen ein Angebot einreichen, welche sich auf diese Leistungen spezialisiert haben. Es wird also der Entscheid gefällt, ob die Lieferung und Realisierung durch ein Generalunternehmen erfolgen soll, oder ob Lose, also thematisch abgegrenzte Teilaufträge, gebildet werden, auf welche die Anbietenden einzeln oder auf mehrere dieser Teilaufträge, ihren jeweiligen Qualifikationen entsprechend, Angebote abgeben können.

Ebenfalls im Rahmen des Beschaffungsdesign gilt es festzulegen, welches Beschaffungsverfahren angewendet werden soll. Für Bedarfsstellen, welche dem öffentlichen Beschaffungsrecht unterliegen, ist den jeweils geltenden gesetzlichen Grundlagen zu entnehmen, welches Verfahren anzuwenden ist – wesentliche Faktoren für die Wahl des korrekten Verfahrens sind hierbei die zu erwartenden Gesamtkosten, bestehend aus einmaligen und wiederkehrenden Kosten, welche im Rahmen des Leistungsbezugs anfallen werden, sowie der Umstand, ob für den Beschaffungsgegenstand ein funktionierender Markt vorhanden ist. Für Bedarfsstellen im privatwirtschaftlichen Umfeld gelten diesbezüglich keine gesetzlichen Vorschriften, wie und wie viele Angebote einzuholen sind. Allerdings ist es möglich, dass interne Compliance-Regeln existieren, welche es zu berücksichtigen gilt.
 

Erarbeiten der Angebotsunterlagen

Um qualitativ gute, vollständige und vergleichbare Angebote zu erhalten, müssen verständliche und nachvollziehbare Angebotsunterlagen erarbeitet werden. In diesen Angebotsunterlagen geht es darum, den potenziellen Anbietenden die folgenden Informationen zu übermitteln:

  • Was die Bedarfsstelle mit den zu beschaffenden Gütern und Dienstleistungen erreichen will, so dass die Anbietenden deren Ziele kennen und ihr Knowhow nutzen können, die dafür optimalen Lösungen anzubieten
  • Aus welchen Leistungen der Beschaffungsgegenstand besteht, was also der Anbietende zu liefern oder zu erbringen hat und welche Leistungen die Bedarfsstelle selbst erbringen wird
  • In welcher Menge und in welchem Zeitraum der Beschaffungsgegenstand geliefert bzw. die Leistungen erbracht werden sollen
  • Welche Eigenschaften der Beschaffungsgegenstand, aber auch die Anbietenden im Sinne von Minimalstandards zwingend erfüllen müssen und welche Eigenschaften sie darüberhinausgehend als Mehrwert zusätzlich erfüllen sollen – dies schliesst auch allfällige Anforderungen an Massnahmen zum Schutz von zu bearbeitenden Daten und Informationen mit ein
  • In welcher Struktur die Bedarfsstelle die Preisangaben erwartet
  • Welche Abläufe und Regeln für die Durchführung des Beschaffungsverfahrens einzuhalten sind

Diese Informationen werden in der Regel in einem Pflichtenheft beschrieben. Das Pflichtenheft soll so abgefasst sein, dass alle relevanten Informationen daraus entnommen werden können und die Anbietenden bei der Angebotserarbeitung möglichst keine Annahmen treffen müssen. Sollte für die künftige Lösung möglichst stark vom Expertenwissen der Anbietenden profitiert werden können, so sollten die Angebotsunterlagen so abgefasst sein, dass sie zwar die zu erreichenden Ziele und die wichtigsten Eigenschaften klar beschreiben, den Lösungsweg aber nicht zu stark beeinflussen, da ansonsten die Gefahr besteht, dass die Anbietenden nicht die nach ihrer Erfahrung bestmögliche Lösung anbieten, sondern ihr Knowhow nicht einbringen und lediglich genau das anbieten, was in den Angebotsunterlagen gefordert wird, auch wenn sie der Meinung sind, dass ein anderer Lösungsweg zielführender wäre.

Bereits bei der Erstellung der Angebotsunterlagen sollte sich die Bedarfsstelle Gedanken darüber machen, wie sie die eingehenden Angebote objektiv und nachvollziehbar bewerten möchte. Abhängig von der erwarteten Anzahl eingehender Angebote und der Anzahl und Komplexität der zu beurteilenden Kriterien ist es sinnvoll, die Hilfsmittel für die Bewertung während der Erarbeitung der Angebotsunterlagen parallel zu erstellen. Die Nutzung elektronischer Plattformen wie z.B. SuisseOffer kann gerade bei komplexen Anforderungskatalogen die Bewertung erheblich vereinfachen.
 

Kontaktaufnahme zu den Anbietenden

Die erarbeiteten Angebotsunterlagen sollen nun ihren Weg zu den potenziellen Anbietenden finden, damit diese ihre Angebote erstellen können. Hierzu stehen mehrere Wege zur Verfügung. Wenn gemäss Beschaffungsrecht ein offenes oder selektives Verfahren durchzuführen ist, so ist das Beschaffungsvorhaben öffentlich zu publizieren – in der Schweiz wird heutzutage hierzu mehrheitlich die Plattform SIMAP genutzt, teilweise werden die Vorhaben zusätzlich auch im jeweiligen Amtsblatt gelistet – und die Angebotsunterlagen sind den potenziellen Anbietenden in geeigneter Form, z.B. als Download, zur Verfügung zu stellen. Bei diesen beiden Beschaffungsverfahren gilt es zu berücksichtigen, dass nach der Publikation während einer gesetzlich festgelegten Frist eine Beschwerde gegen die Ausschreibung erhoben werden kann.

Kommt ein anderes Beschaffungsverfahren zum Tragen, so müssen die potenziellen Anbietenden zur Abgabe eines Angebots eingeladen werden. Basierend auf der durchgeführten Marktrecherche können die Anbietenden angeschrieben werden und ihnen die Angebotsunterlagen, mit der Bitte um Erarbeitung eines Angebots und der Nennung der dazu angesetzten Frist, zugestellt werden.

Nach der Publikation bzw. der Zustellung der Angebotsunterlagen an die Anbietenden beginnt die Angebotsfrist zu laufen - für Beschaffungen, welche im Rahmen des öffentlichen Beschaffungsrechts durchgeführt werden, sind die Mindestfristen hierfür gesetzlich geregelt. Während dieser Zeit erarbeiten die Anbietenden ihre Angebote. Allfällige Fragen der Anbietenden werden während der Angebotsfrist durch die Bedarfsstelle beantwortet.

Fortsetzung folgt...

Bisher haben wir die Initialisierung beschrieben und dargelegt, in welcher Form die Angebotsanfragen den Anbietenden zugestellt werden – in einem weiteren Blog werden wir auf den weiteren Verlauf der Beschaffung eingehen.

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