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Bewerten und Abschliessen der Beschaffung

29. November 2024 | Serge Liechti

Bisher haben wir die Initialisierung, sowie den Weg bis zur Angebotsanfrage beschrieben.  Die potenziellen Anbietenden haben nun von unserer Anfrage Kenntnis erhalten und sind eingeladen, ihre Angebote zu erstellen und einzureichen. In diesem Teil der Blog-Reihe beschreiben wir, wie die Angebote bewertet und die Beschaffung abgeschlossen wird.
 

Kommunikation

Trotz sorgfältiger Vorbereitung des Pflichtenhefts und der Fragenkataloge ist es möglich, dass die Anbietenden das Bedürfnis haben, Fragen zu stellen. Das Stellen von Fragen hat keinerlei Einfluss auf die Bewertung des Unternehmens oder des Angebots, aus diesem Grund können wir Anbietende nur dazu ermuntern, bei Unklarheiten die Möglichkeit zur Fragestellung zu nutzen.

Fragen sollen und dürfen beantwortet werden, denn wenn die Angebote unter Annahmen von unklaren Fakten erstellt werden, besteht die Gefahr, dass nicht die Leistungen angeboten werden, welche durch die Bedarfsstelle erwartet werden. Das wäre doppelt schade, denn einerseits hat die anbietende Firma den Aufwand, ein Angebot zu erstellen, die Bedarfsstelle erhält in der Folge jedoch ein Angebot, welches nicht ihren Vorstellungen entspricht oder gegebenenfalls sogar ausgeschlossen werden muss, was den Wettbewerb nicht fördert und die Auswahl des vorteilhaftesten Angebots unnötig einschränkt.

Um den Anbietenden die Möglichkeit zu geben, den gleichen Informationsstand als Basis für die Angebotserstellung zu nutzen, ist es sinnvoll, die gestellten Fragen und die darauf erarbeiteten Antworten allen Anbietenden in anonymisierter Form zur Verfügung zu stellen. Bedarfsstellen, welche dem öffentlichen Beschaffungsrecht unterstehen, sind dazu verpflichtet, diese Informationen zu teilen, da ansonsten die Anbietenden nicht gleichbehandelt würden. Die Fragen und Antworten werden in der Regel auf der Plattform SIMAP veröffentlicht, allerdings bieten auch andere elektronischer Plattformen wie z.B. SuisseOffer Möglichkeiten zur Verbreitung dieser Informationen an. Bei Beschaffungen im privatwirtschaftlichen Umfeld besteht keine Verpflichtung, die Fragen und Antworten mit den Anbietenden zu teilen, allerdings erachten wir dies dennoch als sinnvoll, sei es aus Respekt gegenüber den Anbietenden, die Aufwand betreiben, um ein Angebot zu erstellen, aber auch, um Angebote zur Bewertung zu erhalten, welche möglichst genau auf die durch die Bedarfsstelle beschriebenen Bedürfnisse passen.

Während der Phase der Angebotserstellung ist grundsätzlich keine weitere Kommunikation mit den Anbietenden vorgesehen – eine Ausnahme bildet das Dialogverfahren, welches wir aber aufgrund seiner Komplexität in dieser Blogreihe nicht berücksichtigt haben.
 

Angebotsöffnung

Bedarfsstellen aus dem privatwirtschaftlichen Bereich sind in der Gestaltung des Prozesses für die Angebotsöffnung frei, für Bedarfsstellen, welche dem öffentlichen Beschaffungsrecht unterstehen, ist, abhängig vom angewendeten Beschaffungsverfahren, dagegen gesetzlich vorgegeben, wie die Öffnung der Angebote zu erfolgen hat und wie diese zu protokollieren ist. Der hier beschriebene Ablauf wird dabei typischerweise angewendet:

  • Die eingehenden Angebote werden ungeöffnet gesammelt
  • Zu einem bestimmten Datum werden die Angebote geöffnet – dabei sind mindestens zwei Personen anwesend und es wird ein Protokoll geführt
  • Die Angebote werden daraufhin geprüft, ob sie die formalen Anforderungen, wie z.B. die rechtzeitige Abgabe, erfüllen
  • Es wird entschieden, welche Angebote im Wettbewerb verbleiben und welche aus formalen Gründen allenfalls auszuschliessen sind
     

Bewertung Angebote

Wie bei der Gestaltung der Prozesse zur Angebotsöffnung sind auch bei der Bewertung der eingegangenen Angebote Bedarfsstellen aus dem privatwirtschaftlichen Bereich völlig frei in der Gestaltung der diesbezüglichen Prozesse, wobei wir zu einer gewissen Systematik raten, um die Angebote wirklich objektiv miteinander vergleichen zu können und somit die Auswahl und die Auftragsvergabe auf belastbaren Fakten basieren.

Die nachfolgend beschriebenen Schritte werden von Bedarfsstellen, die dem öffentlichen Beschaffungsrecht unterstehen, in dieser oder ähnlicher Form eingehalten.
 

Bewertung der zwingenden Anforderungen

In einem ersten Schritt wird bei jedem zu bewertenden Angebot geprüft, ob die Teilnahmebedingungen, die Eignungskriterien und – falls definiert – die technischen Spezifikationen vollständig eingehalten bzw. erfüllt sind. Dazu gehört auch zu prüfen, ob die als Belege eingeforderten Bestätigungen und Nachweise vollständig, korrekt und wo gefordert, den vorgegebenen formalen Anforderungen entsprechend, beiliegen. Ist dies nicht der Fall, gilt es zu entscheiden, ob das Angebot mittels einer Verfügung vom Wettbewerb ausgeschlossen werden muss, oder ob allenfalls ergänzende Informationen wie beispielsweise ein nicht beiliegender Handelsregisterauszug, nachträglich eingefordert werden können.

Wenn Teilnahmebedingungen, Eignungskriterien oder technische Spezifikationen nicht vollständig als erfüllt betrachtet werden können, gibt es keinen Ermessensspielraum, denn das Beschaffungsrecht schreibt in diesem Fall vor, dass die betroffenen Angebote mittels Verfügung vom Wettbewerb auszuschliessen sind und somit nicht weiter zu bewerten sind. Für die Anbietenden ist es aus diesem Grund essenziell, bei der Erstellung ihrer Angebote darauf zu achten, dass sie in der Lage sind, diese Kriterien vollständig zu erfüllen und falls sie dazu nicht in der Lage sind, besser von der Erstellung eines Angebots abzusehen, da den Bedarfsstellen hier kein Ermessensspielraum zur Verfügung steht.
 

Bewertung der Zuschlagskriterien

Diejenigen Angebote, welche noch im Wettbewerb verbleiben, erfüllen alle zwingenden Anforderungen, somit kann die Bedarfsstelle davon ausgehen, dass sie einen Auftrag vergeben kann. Bei der Bewertung der Zuschlagskriterien geht es jetzt darum, die verbliebenen Angebote in qualitativer Hinsicht voneinander zu unterscheiden und damit festzustellen, welches dieser Angebote das vorteilhafteste Angebot darstellt.

Die Kriterien werden einzeln und anhand des im Pflichtenheft festgelegten Bemessungsrasters bewertet. Die Bewertung hat objektiv und nachvollziehbar zu erfolgen, was bedeutet, dass für jedes Angebot die gleichen Massstäbe zur Bewertung angelegt werden, dazu gehört auch, dass nur solche Informationen bei der Bewertung berücksichtigt werden, welche die Anbietenden im Rahmen ihrer Angebote zur Verfügung stellen. Allfällige persönlich vorliegende Informationen aus irgendwelchen mehr oder weniger vertrauenswürdigen Quellen oder Informationen aus anderen oder früheren Angeboten können in die Beurteilung nicht mit einbezogen werden. Informationen, die zur Beurteilung eines Kriteriums benötigt werden, die aus dem Angebot nicht hervorgehen, können zu einer schlechteren Bewertung des davon betroffenen Kriteriums führen.

Aufgrund der beschriebenen Praxis raten wir den Anbietenden dazu, die relevanten Informationen vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei in ihren Angeboten zu beschreiben und nicht darauf zu vertrauen, dass die Bedarfsstelle die Anbietenden oder die angebotenen Lösungen bereits kennt und aufgrund dieser Kenntnisse eine bestimmte Bewertung der Kriterien erfolgen wird.

Ein wichtiges Zuschlagskriterium ist jeweils das Kriterium „Preis“. Hier muss die Bedarfsstelle bei der Bewertung darauf achten, dass die bewerteten Preisangaben vergleichbar sind. Was bedeutet an dieser Stelle nun „vergleichbar“? Es müssen die gleichen angebotenen Leistungen und die dafür anfallenden Preise verglichen werden. Wenn in einem Angebot ein Gesamtpreis genannt wird, in einem anderen Angebot werden aber verschiedene Leistungen allenfalls als Grundleistung und Optionen bezeichnet, so müssen die Angebote zur Bewertung vergleichbar gemacht werden, indem die angebotenen Preise so addiert werden, dass die gleichen Leistungen zur Bewertung miteinander verglichen werden beziehungsweise. falls Teilkosten in der Bewertung nicht berücksichtigt werden sollen, diese bei allen Angeboten vom zu bewertenden Preis abgezogen werden.

Die aus den einzelnen Bewertungen errechneten Punkte werden addiert und ergeben eine Rangliste. Die Rangliste zeigt das Angebot an der Spitze, welches von den grundsätzlich tauglichen Angeboten dasjenige ist, welches das vorteilhafteste Angebot darstellt, da es unter Einbezug aller Kriterien das beste Kosten / Nutzen-Verhältnis darstellt.
 

Abschluss

Das vorteilhafteste Angebot ist jetzt bestimmt. Bedarfsstellen aus der Privatwirtschaft können an dieser Stelle direkt den Auftrag vergeben, wobei sie auch die Freiheit haben, den Auftrag dennoch anderweitig zu vergeben, was aber angesichts des Ergebnisses und der systematischen Vorgehensweise willkürlich und wenig zielführend wäre.

Bedarfsstellen, welche dem öffentlichen Beschaffungsrecht unterstehen, sind an die entstandene Rangliste gebunden. Wenn an dieser Stelle kein Abbruch erfolgt, was entsprechend zu begründen wäre, so ist der Zuschlag an das Siegerangebot zu erteilen.

Die Bekanntgabe des siegreichen Angebots erfolgt per Verfügung und wird auf der Plattform SIMAP veröffentlicht. Mit der Veröffentlichung beginnt die Beschwerdefrist zu laufen, während der diejenigen Anbietenden, welche den Zuschlag nicht erhalten haben, eine allfällige Beschwerde bei der dafür, gemäss den gesetzlichen Grundlagen, zuständigen Instanz einreichen können. Läuft diese Frist ab, ohne dass eine Beschwerde eingegangen ist, ist der verfügte Zuschlag rechtskräftig und die Bedarfsstelle kann mit der Zuschlagsempfängerin die Verträge verhandeln und abschliessen und danach die beschafften Leistungen beziehen.
 

Mit diesem letzten Beitrag in dieser Blog-Reihe hoffen wir, dass wir Ihnen einen Einblick in die Welt der Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen geben konnten. Haben Sie konkrete Fragen oder möchten Sie mehr zum Thema wissen? Möchten Sie allenfalls eine Beschaffung durchführen und benötigen beim Setup oder der Durchführung Unterstützung? Wir helfen Ihnen gerne weiter, kontaktieren Sie uns!